wie Mädchen doch anders sind
Wir staunen immer wieder, wie anders Mädchen doch sind. Wir
hatten ja zuerst die zwei Jungs. Da denkt man, dass man langsam weiss, wie der
Hase läuft. Doch dann kam das Mädchen auf die Welt. Zu Beginn dachten wir, dass
das kein grosser Unterschied sein wird, aber mitnichten. Wir staunen jeden Tag,
wie unterschiedlich die Realität ist. Tjara ist so anders, als beispielsweise
Luis. Dabei spiele ich nicht darauf an, dass sie total auf Puppen abfährt.
Obwohl, auch das verstehe ich nicht ganz. Wir versuchen wirklich eine neutrale
Haltung zu haben und nicht geschlechterspezifisch zu handeln und zu erziehen.
Und doch steht unser Mädchen ungemein auf rosarot, Puppen, Haarspangen etc. Wir
sind inzwischen überzeugt, dass das irgendwie genetisch bedingt sein muss. Doch
nicht nur das. Auch das Verhalten ist so exrem unterschiedlich. Luis muss man
heute noch zwingen etwas anzuziehen, wenn wir das Haus verlassen. Der würde am
liebsten «Füdliblutt» oder zumindest ohne Jacke und Schuhe draussen
herumrennen. Egal bei welcher Witterung. Tjara hingegen, das pure Gegenteil.
Die kriegst du nicht zur Türe hinaus, ohne ihre «Schueli» und ohne «Jäggeli».
Das ist ihr so enorm wichtig. Es ist ihr auch ungemein wichtig, dass alle
anderen Personen ihre Schuhe haben. Die Schuhe werden so lange hinter einem hergetragen,
bis sie an den Füssen sind. Da kennt sie nichts. Kleider und Schuhe haben also
einen hohen Stellenwert und sie ist noch nicht einmal zwei Jahre alt. Da kommt
mir gerade die eine oder andere Szene in den Sinn. Beispielsweise in Nizza,
während den Herbstferien. Wir sind in der Fussgängerzone geschlendert und haben
dann einen Laden mit Kinderkleidern gesehen. Wir sind rein und haben uns
umgesehen. Für die Kinder gab es so ein Schaukeltier, es war ein Schaf. Tjara
hat sich sofort in das wuschelige Ding verliebt, ist aufgestiegen und hat mit
Schaukeln begonnen. Sehr zum Leid von Luis, der wollte natürlich auch
Schaukeln. Wir haben in der Zwischenzeit einen Mantel für Tjara gefunden, der
uns gefallen hat. Wir haben Tjara dann gerufen. Sie liebt es Kleider anzuprobieren.
Sie hat gejuchzt und ist zu uns gerannt, um den Mantel anzuziehen. Da musste
sogar die Verkäuferin lachen. Nebendran hat Luis die Gunst der Stunde genützt
und hat sich das Schaukelschaf gekrallt. Sehr zum Leidwesen von Tjara. Sie ist
mitsamt dem Mantel, laut schreiend, Richtung Schaf gerannt, um Luis ab ihrem
neuen, besten Freund zu werfen. So sass sie dann, mitsamt Mantel, auf dem Schaf
und war zufrieden. Da merkte man dann schon wieder den Einfluss der zwei Jungs.
Wehren kann sie sich. Den Mantel haben wir dann gekauft. Es wäre fast nicht
anders gegangen, sie wollte ihn ja schon fast nicht mehr ausziehen (trotz 25
Grad draussen). Aber immer kann man ja auch nicht einfach alles kaufen, was der
Dame gefällt. So war es dann am gleichen Tag, im Kaufhaus «Galeries Lafayette».
Wir sind auf die Etage mit den Kinderkleidern gefahren und wollten uns ein
wenig umsehen. Luis, voller Elan, stürzt aus dem Lift, gleich zum ersten Tisch
mit Kleidern, krallt sich eine Schirmmütze und zieht die an. «Papa, kann ich
die haben»? Ich laufe zu ihm und schaue dabei in welcher Kleidermarkenecke er
gelandet ist. Gucci! Schnell den Hut ab dem Kopf genommen und ganz dezent das
Preisschild gecheckt. 299 Euro. «Nein Luis, diesen Hut kannst du nicht haben».
Dezent wieder hingelegt und weiter zu den bezahlbaren Kleidermarken. Die Kinder
haben natürlich immer nur mässig Spass, wenn es um das Einkaufen geht. Also,
vor Allem die beiden Jungs. Tjara macht das ja bekanntlich noch gerne. So haben
die drei Kinder dann, ein bisschen weiter weg von den wirklich teuren Marken,
eine Bank gefunden, auf die sie sich setzen konnten. Kerstin und ich, wir haben
uns ein bisschen umgesehen. Auf einmal ertönt es hinter uns, «Fiffeli». Wir
drehen uns um und Tjara steht da, mit einem UGG Fellstiefel in der Hand. «Fiffeli
alege» fordert sie lauthals. Nun gut, ich erkläre ihr, dass sie sich diesen
Stiefel selber anziehen kann. Natürlich im Wissen, dass sie das ja nie schaffen
wird, aber zumindest ein bisschen beschäftig ist. Sie verschwindet. Zwei
Minuten später, wieder im Rücken von uns. «Fiffeli anne». Tjara steht da, strahlt
über beide Backen und trägt den Stiefel am Fuss. Nun gut, die Schlaue hat es
geschafft die Sandalen auszuziehen und danach ihren grossen Bruder zu
beauftragen, ihr den Stiefel anzuziehen. Mir schwante Böses. Ich wollte keinen
UGG Stiefel kaufen, sie wollte aber definitiv dieses «Fiffeli» haben. Ich also
mit ihr zurück zur Bank. Die Sandalen waren weg. Ich schaue zu Tjara und frage
sie, wo sie die Sandalen hingetan hat. Cool zeigt sie auf das Regal. Und
wirklich, fein säuberlich hat sie ihre Sandalen dort in das Regal gelegt, wo
die UGG Stiefel gestanden sind. Ein klares Tauschgeschäft, Stiefel gegen
Sandalen. Für sie war die Sachlage klar und sie war bereit zu gehen. Inzwischen
war Kerstin zu uns gestossen und hat die Lage sofort erfasst. Sie schnappt sich
Luis und verabschiedet sich mit den Worten, ich gehe mit Luis einen Pullover
suchen. Du kannst ihr die Stiefel ausziehen und die Sandalen wieder anziehen
und weg war sie. Ja danke vielmals! Das wird lustig! Wie erwartet war Tjara mit
diesem Vorgehen nicht ganz so einverstanden. Eine Alarmanlage ist nichts
dagegen. Ein Wunder ist die, mit Maschinenpistolen bewaffnete, Militärpatrouille,
die um das Kaufhaus läuft, nicht in das Gebäude gestürmt und hat uns umzingelt.
Irgendwie haben wir es dann doch noch geschafft, vom Regal weg und in den Lift
zu kommen. Jaja, Kleider und Schuhe haben es ihr angetan. Ja, ich weiss, ich
wiederhole mich, aber es soll hier nochmals gesagt sein, sie ist noch nicht
einmal zwei Jahre alt.
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